Jag har idag inget att säga om min egen tillvaro, så jag gläntar lite på dörren till min översättarlya. Dikten jag har valt för ikväll hör inte till dem jag förstår bäst ur Else Lasker-Schülers diktarvärld, men jag är tagen av det storslaget dunkla, av diktens kosmiska andning. Mycket anspelar på texter ur Bibeln, samtidigt som en del är självbiografiskt eller familjebiografiskt. Och jag behöver väl inte säga att översättningen är ett försök?
Chronica
Mutter und Vater sind im Himmel –
Amen.
Drei Seelen breiten
Aus stillem Morgenträumen
Zum Gottland ihre Wehmut aus; –
Denn drei sind wir Schwestern,
Die vor mir träumten schon in Sphinxgestalten
Zu Pharaozeiten; –
Mich formte noch im tiefsten Weltenschoß
Die schwerste Künstlerhand.
Und wisset wer meine Brüder sind?
Sie waren die drei Könige, die gen Osten zogen
Dem weißen Sterne nach zum Gotteskind.
Aber acht Schicksale wucherten aus unserem Blut.
Vier plagen uns im Abendrot,
Vier verdunkeln uns die Morgenglut,
Sie brachten über uns Hungersnot
Und Herzensnot und Tod.
Und es steht:
Über unserem letzten Grab ihr Fortleben noch,
Den Fluch über alle Welten zu weben,
Sich ihres Bösen zu freuen.
Aber die Winde werden einst ihren Staub scheuen.
Satan, erbarme dich ihrer.
Chronica
Mor och far är i himmelen –
Amen.
Tre själar breder
Av stilla morgondrömmar
Sitt vemod ut till Gudalandet; –
Ty tre är vi systrar,
Som före mig drömde i sfinxgestalter
I faraotider; –
Mig skapte i världsskötets djupaste djup
Den tyngsta konstnärshand.
Och vet ni vilka mina bröder är?
De var tre konungar som till Österland drog
Hän mot den vita stjärnan till barnet av Gud.
Men åtta öden frodades i vårt blod.
Fyra plågar oss var afton röd,
Fyra fördunklar varje morgonglöd,
De kom till oss med hungersnöd
Med hjärtenöd och död.
Och det står:
Att över vår sista grav deras fortbestånd
Ska väva förbannelse över all vår värld,
Finna glädje i egen ondska.
Men vindarna kommer en gång att sky deras stoft.
Satan, förbarma dig över dem.
°°
Om någon är intresserad av en tydning av dikten, så finns här några rader av Karl Jürgen Skrodzki. Jag översätter dem inte, för nu får det räcka för ikväll:
Mit dem Titel »Chronica« spielt Else Lasker-Schüler auf die beiden Chronikbücher des Alten Testaments an: Diese enthalten eine bis auf die Erschaffung des Menschen zurückgreifende genealogische Darstellung der Geschichte des Volkes Israel. Im Mittelpunkt stehen das Wirken König Davids, der die kanaanäische Festung Jerusalem eroberte und sie zur königseigenen Stadt, zur »Stadt Davids«, erhob, und die Erbauung des Ersten Tempels in Jerusalem durch Salomo. Am Schluß des Gedichts steht die (lateinische) Aufforderung: »Satanas miserere eorum!!« (»Satan, erbarme dich ihrer!!«) Diese dürfte an den Psalm 51, den Psalm der »Bitte um Vergebung und Neuschaffung«, anknüpfen. In der lateinischen Bibel beginnt der Psalm mit den Worten: »Miserere mei, Deus, secundum misericordiam tuam« (»Sei mir gnädig, o Gott, in deiner Güte«).
In freier poetischer Assoziation verknüpft Else Lasker-Schüler Motive des Alten und des Neuen Testaments mit der ›Genealogie‹ ihrer Familie: Die »acht Schicksale« – biographisch auf die Eltern Else Lasker-Schülers und deren sechs Kinder zu beziehen – erinnern an die zehn »Plagen«, die Ägypten vor dem Auszug des Volkes Israel bedrohten (2. Mose [Exodus] 7–12); die »drei Könige, die gen Osten zogen«, an die »Weisen aus dem Morgenland«, die von Herodes nach Bethlehem gesandt wurden (Matthäus 2,1–12). Der »Stern«, der den »Weisen« im Bericht des Neuen Testaments den Weg wies, wird bei Else Lasker-Schüler zu einem »brennenden Wüstenwind«: Bei der Wanderung der Israeliten von Ägypten in das ihnen verheißene Land Kanaan zog Gott »vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten« (2. Mose [Exodus] 13,21). Pharao (»Pharaozeiten«) ist die im Alten Testament gebräuchliche, die hebräische Form des altägyptischen Königstitels. Von »Sphinxgestalten« ist weder im Alten noch im Neuen Testament die Rede. Der Sphinx (männlich) ist in der ägyptischen Mythologie eine Mischgestalt aus Löwenkörper und Menschenhaupt, durch die das besondere Wesen der ägyptischen Könige ausgedrückt werden sollte, das höchste physische Kraft und Denkvermögen verband. Bei der Übertragung in die griechische Mythologie wird die Sphinx (weiblich) zu einem den Menschen bedrohenden Dämon: Wer ihr Rätsel nicht zu lösen vermag, wird von der Sphinx verschlungen.
Für »Chronica« eine bündige Formel zu finden, die den Gehalt oder die Aussage des Gedichtes beschreibt, dürfte kaum gelingen. Es ist vielmehr das poetische Spiel mit den Kräften der Weltordnung, das die Gedichte Else Lasker-Schülers zu Anfang des Jahrhunderts charakterisiert. Im Gedicht »Im Anfang«, dem letzten Gedicht des Buches »Styx«, heißt es: »In den Himmel sperrte ich Satan ein / Und Gott in die rauchende Hölle ein.« Und am Schluß schreibt die Dichterin: »Würde 10.000 Erdglück geben, / Noch einmal so gottgeboren zu leben, / Ja! Ja! / Als ich noch Gottes Schlingel war!«
Karl Jürgen Skrodzki, August 2000