Einige Auszüge aus meiner Dissertation Erzählverhalten und narrative Sprechweisen – Narratologische Untersuchung von "Effi Briest" mit Schwerpunkt in den Dialogen:
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1 Zusammenfassung von dem theoretischen Teil:
Drei erzähltheoretische Modelle bilden die erste Grundlage für meine Arbeit; nämlich die Theorien von Franz K. Stanzel, Gérard Genette und Jürgen H. Petersen. In meinem Überblick über diese narratologischen Modelle habe ich den Kategorien Erzählverhalten und narrative Sprechweise sowie dem Verhältnis zwischen den beiden ein besonderes Interesse entgegengebracht; dieses weil ich meine, daß es möglich ist, durch eine genaue Analyse und Klassifizierung der narrativen Sprechweisen in einem Text das Erzählverhalten zu definieren. In bezug auf diese Frage sind auch Ideen und Theorien weiterer Forscher herangezogen worden. Meine Inventur der Kategorie Erzählverhalten hat ergeben, daß manche Forscher hier zwei Typen (auktorial und personal) in ihrem System haben, während andere von drei Typen (auktorial, personal und neutral) des Erzählverhaltens sprechen. Bei einer näheren Untersuchung der Definitionen hat sich gezeigt, daß diejenigen, die eine Einteilung in drei Typen machen, das neutrale Erzählverhalten jedoch nicht als ganz ebenbürtig mit den anderen zwei Arten des Erzählverhaltens beschreiben – einige stellen, wenigstens implizit, das neutrale Erzählverhalten einem begrenzten auktorialen Erzählen gleich und die anderen betrachten den neutralen Typ als eine Variante personalen Erzählens.
Das Hauptkapitel im theoretischen Teil der Abhandlung stellt das Verhältnis zwischen Erzählverhalten und narrativer Sprechweise bei einer Reihe von Erzähltheoretikern dar und mündet in einen Versuch ein, ein Modell über die Beziehung zwischen den zwei Kategorien zu konstruieren. In diesem kommen nur zwei Arten des Erzählverhaltens vor, nämlich der auktoriale und der personale Typ. Das neutrale Erzählverhalten verstehe ich nur als möglichen Unterbegriff von entweder auktorialem oder personalem Erzählen. Auktoriales Erzählen verbinde ich mit einem hohen Maß an Wissen und Überblick über das Geschehen und die Figuren. Weiter hat der Erzähler bei auktorialem Erzählverhalten Macht über die Geschichte und kann sie daher nach seinem Willen und seinen Zielen organisieren und modulieren und den Ereignisfluß steuern. Ein personaler Erzähler vermittelt den Hergang aus der Perspektive der Figurenebene, was zu Einschränkungen des Wahrnehmungsfeldes führt. Bei personalem Erzählen kann der Erzähler die Geschichte nicht beeinflussen oder ordnen, sondern er erlebt sie, ungefähr wie ein Leser, der eine Geschichte zum ersten Mal liest – er lernt sie während ihres Verlaufs nach und nach kennen. Man kann den Unterschied zwischen den zwei Arten des Erzählverhaltens auch so ausdrücken, daß das Erzählen bei einem auktorialen Erzähler ein aktiver und bewußter Prozeß ist, während ein personaler Erzähler auf eine eher unreflektierte oder unbewußte Weise den Leser an seinen Erlebnissen teilhaben läßt.
Die narratologischen Theorien, die ich hier untersucht habe, stellen alle auf irgendeine Weise Verbindungen zwischen Sprechweise und Erzählverhalten her. Es geht indessen um vereinzelte Kommentare zu der einen oder anderen Sprechweise und nicht um systematische Darstellungen. Ich habe versucht, diese Bemerkungen zu systematisieren, und dabei hat sich herausgestellt, daß, mit einer Ausnahme, eine ziemlich große Einigkeit hinsichtlich der Klassifizierung von dem Erzählverhalten bei den narrativen Sprechweisen besteht – diese Ausnahme ist die direkte Rede oder der Dialog. Einige Narratologen meinen z.B., daß der Dialog ein Fremdkörper in erzählender Prosa sei, andere ordnen ihn der einen oder anderen Erzählverhaltenskategorie oder auch Kombinationen von diesen zu, manchmal auf ziemlich vage Weise. Wegen der großen Unstimmigkeit und der relativen Unklarheit, die auf diesem Gebiet herrschen, habe ich dieser Form der Personenrede besondere Aufmerksamkeit gewidmet, sowohl im theoretischen als auch im empirischen Teil dieser Arbeit. Zuerst habe ich durch sorgfältige Beobachtungen feststellen können, daß man sehr wohl und mit soliden Beweismitteln gegen die Behauptung, der Dialog sei ein corpus alienum im narrativen Raum, argumentieren kann: Erstens kommt der Dialog in fast allen Erzählwerken aller Zeiten vor, zweitens zeigt der Erzähler hin und wieder seine Anwesenheit innerhalb der Dialoge, z.B. bei Vorausdeutungen oder Motiven, die als solche für die sprechende Figur nicht durchschaubar sind. Drittens kommentiert oder unterbricht der Erzähler oft die Dialoge in einem narrativen Werk, was als ein Zeichen für seine Beteiligung auch an den Dialogpartien selbst betrachtet werden kann. Weiter könnte man als mögliches Indiz für die Zugehörigheit der direkten Rede zum Erzählwerk auch die Tatsache heranziehen, daß die Dialoge genauso wie die anderen narrativen Sprechweisen die zu erzählende Geschichte an den Leser vermitteln. Als nächsten Schritt habe ich versucht, das Erzählverhalten bei dieser Sprechweise festzulegen, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß der Dialog immer zuerst und zuinnerst ein Mittel personalen Erzählens ist. Damit meine ich, daß, wenn man jede Replik für sich und als von einer bestimmten Romanfigur ausgesprochen betrachtet, diese nur mit personalem Erzählverhalten zu verbinden ist. Alle Dialoge, wie übrigens alle Bestandteile eines Erzähltextes überhaupt, haben aber auch gleichzeitig eine bestimmte Rolle in der Gesamtstruktur des Textes. Diese Rolle kann an manchen Dialogstellen direkt zum Vorschein kommen, wie z.B. bei Vorausdeutungen, die als solche den Wissenshorizont des jeweiligen Sprechers überschreiten – in solchen Fällen haben wir es mit einem zweiten und auktorialen Niveau dieser Sprechweise zu tun.
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2 Überblick über die narrativen Sprechweisen:
Viele Erzähltheoretiker greifen bei ihren Definitionen von den verschiedenen Erzählsituationen oder Arten des Erzählverhaltens hin und wieder auf die narrativen Sprechweisen zurück. Die Beschreibung von dem Verhältnis zwischen Erzählverhalten und Sprechweise wird aber von keinem systematisch durchgeführt. Ich werde in diesem Kapitel versuchen, aus den verschiedenen unsystematischen Bemerkungen zu dieser Frage eine soweit möglich systematische Darstellung von den Einschätzungen jedes einzelnen Theoretikers zusammenzustellen. Zum Schluß werde ich auch meine eigene Auffassung von dem Verhältnis zwischen Erzählverhalten und Sprechweise präsentieren.
Bevor ich weitergehe, möchte ich hier den Terminus ”narrative Sprechweise” kurz kommentieren. Den Ausdruck ”Sprechweise” habe ich von Hans-Wilhelm Schwarze in ”Arbeitsbuch Romananalyse” übernommen. Mit ”narrativen Sprechweisen” meine ich die verschiedenen Sprechweisen, die in einem narrativen Werk vorkommen können, was aber nicht heißen soll, daß sie alle gleich narrativ oder erzählend sind. In gewisser Anlehnung an Petersens Einteilung stelle ich hier zu Anfang des Kapitels ein Schema über diese Sprechweisen auf. Petersen schreibt darüber im Kapitel ”Arten der Darbietung”: ”Es handelt sich um den Erzählerbericht, die erlebte Rede, die indirekte Rede, den inneren Monolog sowie den Dialog bzw. die direkte Rede. Dies sind die Wege, auf denen der Narrator das Geschehen sprachlich vermitteln kann. Über den Erzählerbericht ist zu dem Gesagten noch einiges hinzuzufügen. Der Terminus bezeichnet als Oberbegriff das, was man gemeinhin und im täglichen Sprachgebrauch ’Erzählen’ nennt, schließt also Beschreiben ebenso ein wie die Vorausdeutung, ist auch nicht an einen festen Tempusgebrauch gebunden. Im Gegensatz zu den erörternden Eingriffen eines auktorialen Erzählers, seinen Reflexionen, Kommentaren, Kritiken etc., ist der Erzählerbericht aber der Handlung, den Figuren, kurzum: dem Erzählgegenstand zugewandt, weniger dem Narrator oder Leser.”1 Petersen betrachtet also auf eine Weise den Kommentar des Erzählers als eine Art corpus alienum im Erzählwerk. Ich habe wie Petersen den Erzählerkommentar vom Erzählerbericht getrennt, ihn aber nicht aus den narrativen Arten der Darbietung ausgeschlossen, sondern ihm einen eigenen Platz in meinem Schema über die narrativen Sprechweisen gegeben. Hier folgt nun mein Schema (Die Nebeneinanderstellung von Rede und Gedankenwiedergabe rührt von Schwarze her.):
• Erzählerkommentar
• Erzählerbericht
• indirekte Rede/Gedankenwiedergabe
• erlebte Rede
• direkte Rede/Gedankenwiedergabe
• innerer Monolog
Die komplizierteste der Kategorien ist der Erzählerbericht, den man sehr unterschiedlich definieren kann. Jochen Vogt präsentiert an einer Stelle in ”Aspekte erzählender Prosa” eine Art Definition von dem Begriff. In dieser stützt er sich zu großen Teilen auf die Ideen Eberhard Lämmerts. Vogt schreibt: ”Dieser konventionelle (und ein wenig mißverständliche) Begriff soll alle Textelemente bezeichnen, die unmittelbar dem Erzähler bzw. der Erzählinstanz zuzuschreiben sind, wobei neben der ’berichtenden’ Funktion im engeren Sinne (nach Weinrich: neben dem Erzählen) auch andere Funktionen (das Besprechen) eine Rolle spielen. Eberhard Lämmert hat in Bauformen des Erzählens vier verschiedene ’Erzählweisen’ unterschieden, deren Zusammenspiel den sogenannten Erzählerbericht konstituiert”2 . Diese Erzählweisen sind, nach Lämmert (über Vogt), ”Bericht” einschließend ”Redebericht”, ”szenische Darstellung”, ”Beschreibung” und ”Erörterung”. Bei Vogt und bei Lämmert ist also, anders als in meinem Modell, der Erzählerkommentar Bestandteil des Erzählerberichts. Der ”Erzählerbericht” bleibt natürlich trotz meines Abtrennens des Erzählerkommentars aus der Kategorie immer noch ziemlich heterogen, aber ich mache dessen ungeachtet keine weitere Aufteilung, weil ich nicht weiß, wo genau ich die Grenzen ziehen sollte. Hans-Wilhelm Schwarze schreibt zu diesem Thema: ”Der Übergang vom Erzählen im Sinne von Bericht und Beschreibung zu direktem, szenischem Erzählen im Sinne von Zeigen erfolgt, wenn sich der Bericht von Ereignissen, Gesprächen oder Gedanken sehr nah und tendentiell zeitdeckend einem erzählten Geschehensmoment annähert, so daß nahezu Simultaneität von Erzählen und Erzähltem erreicht wird.”3 Dieses Zitat zeigt deutlich genug, wie schwierig es ist, klare Abgrenzungen innerhalb des Erzählerberichts zustande zu bringen; es bleibt eine Übergangszone von unbestimmbarer Breite. Ein weiteres Problem mit der Begriffsklasse ”Erzählerbericht” besteht darin, daß die Erzähltheoretiker, die ich hier heranziehe, wenn sie ausnahmsweise Verbindungen zwischen dieser Kategorie und einem Erzählverhalten herstellen, wegen ihrer unterschiedlichen Definitionen von der Kategorie sehr viel Verschiedenes damit meinen können. Trotzdem habe ich es für sinnvoll gehalten, die Kategorie ”Erzählerbericht” in meinem Modell zu behalten. Ich kombiniere implizit diese äußerst heterogene Sprechweise überall mit allen jeweils möglichen Erzählsituationen, d.h. wenn ein Theoretiker zwei Erzählsituationen in seinem System hat, sind diese zwei aktuell und wenn einer drei Erzählsituationen hat, dann sind es diese drei, die für den Erzählerbericht in Frage kommen. Explizit wird dieses hier nicht durchgeführt, weil das inkonsequent wäre im Hinblick darauf, daß ich sonst nur das angeführt habe, was der jeweilige Theoretiker ausdrücklich zur Sache behauptet hat.
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3 Erzählverhalten – Sprechweisen
Hier am Ende des Kapitels möchte ich darlegen, wie ich selbst die zwei Kategorien ”Erzählverhalten” und ”Sprechweise” miteinander verbinde. Der Klarheit wegen fange ich mit meinen Definitionen von den verschiedenen Arten des Erzählverhaltens an. Das Erzählverhalten kann einerseits als ein Kontinuum betrachtet werden, das sich zwischen den zwei Polen ”auktorial” und ”personal” erstreckt. (Im Kapitel ”Der Begriff ’neutral’/’externe Fokalisierung’ – weitere Untersuchung” erkläre ich, warum die Kategorie ”neutral” in meinem Modell nicht vorhanden ist.) An dem auktorialen Pol wird die Geschichte aus der Sicht eines allwissenden Erzählers präsentiert. Dieser Erzähler überblickt das ganze Geschehen, er weiß, was an allen Orten passiert, er kennt alle Figuren von außen und innen, sowie ihre Vorgeschichte und Zukunft. An dem entgegengesetzten Pol wird die Geschichte aus der Perspektive der Figurenebene dem Leser vermittelt. Dieses bedeutet Einschränkungen des Wahrnehmungsfeldes, denn eine Romanfigur, genau wie eine Person des wirklichen Lebens, kennt nur die eigenen Gedanken, nicht die der anderen – von den Gedanken der anderen kann sie manchmal etwas ahnen aber nichts mit Sicherheit wissen. Weiter ist die Zukunft ihr unbekannt, und sie kann auch nicht aus sich selbst heraus wissen, was an anderen Orten geschieht. Zwischen diesen beiden Extremen breitet sich ein Kontinuum unterschiedlicher Grade des Wissens oder Überblicks aus.
Das Erzählverhalten kann aber auch mit anderen Kategorien als ”Überblick” oder ”Wissen” in Verbindung gebracht werden. Eine solche Kategorie ist ”Macht”. Ein auktorialer Erzähler kennt die Geschichte als Ganze, auch ihren Ausgang, bevor er sie erzählt, und deshalb hat er auch Macht über sie. Er kann sie nach Belieben organisieren, er kann sie raffen oder die Inhaltssegmente umstellen oder einen bestimmten Rhythmus erzeugen. Er inszeniert sozusagen den Ereignisfluß. Er ist stärker als die Geschichte. Ein personaler Erzähler lernt die Geschichte während des Erzählens kennen, Stück für Stück. Er kennt nur die Stelle, wo er sich gerade befindet und den zurückgelegten Weg dorthin. Weil er keinen Überblick über das ganze Geschehen hat, kann er die Geschichte nicht organisieren. Ein personaler Erzähler ist mit einem Leser vergleichbar, der eine Erzählung zum ersten Mal liest. Er wird von der Geschichte geführt.
Ein auktorialer Erzähler erzählt aktiv und ist sich seiner Aufgabe wohl bewußt und bemüht sich daher um die Gestaltung der Erzählung. Ein personaler Erzähler hingegen vermittelt dem Leser die Geschichte direkt durch seine Wahrnehmungen und das auf eine eher unbewußte Weise.
Weiter bedeutet personales Erzählen, daß aus der Sicht einer Romanfigur oder aus der Sicht eines Erzählers, der den Wissenshorizont der Figuren nicht durchbricht, erzählt wird. Ein auktorialer Erzähler kann wiederum auch eine Romanfigur sein, nämlich ein Ich-Erzähler mit großer Distanz zum Geschehen.
Wenn man das Erzählverhalten eines größeren Abschnitts oder eines ganzen Erzählwerkes beschreiben will, ist die Idee mit dem Kontinuum aufschlußreich. Diese Idee bedeutet, ich wiederhole hier sicherheitshalber, daß das Erzählverhalten eines Werkes irgendwo an einer Linie zwischen einem auktorialen und einem personalen Pol festzulegen ist. Man kann dann einen Roman oder ein Romankapitel als z.B. eher auktorial, eher personal oder als ein Mittelding einschätzen.
Gehen wir jetzt zu den narrativen Sprechweisen hinüber um zu sehen, wie diese mit der Kategorie ”Erzählverhalten” zu verknüpfen sind. In diesem Fall bringt es mehr, wenn man, statt von dem Kontinuumgedanken, davon ausgeht, daß jede Sprechweise Mittel entweder personalen oder auktorialen Erzählens ist oder auch aus Kombinationen von den beiden besteht.
Der Erzählerkommentar gehört per Definition zum auktorialen Bereich. Der Erzähler befindet sich hier auf einer Metaebene; das Erzählen an sich oder die Erzählung bzw. Elemente aus der Erzählung sind Gegenstand seiner Erörterungen. Um eine Geschichte als solche kommentieren zu können, ist es nötig, ein Maximum an Distanz und Überblick zu besitzen. Weiter ist es so, daß der Erzähler im Erzählerkommentar immer eine bestimmte Absicht verfolgt. Die Grenzziehung zwischen Erzählerkommentar und dem auktorialen Typ von Erzählerbericht kann manchmal schwierig sein. Fest steht aber, daß das Erzählverhalten beim Erzählerkommentar immer eindeutig auktorial ist.
Der Erzählerbericht kann sich in einem Erzählwerk hin und her zwischen auktorialem und personalem Erzählen bewegen oder anders gesagt, der Erzähler kann mehr oder weniger Überblick oder Wissen über das Geschehen oder das Innere der Figuren in seinem Erzählen zeigen. Gerade bei dieser Sprechweise hat das Konzept mit dem Kontinuum also doch einen Sinn. Es ist aber auch möglich, daß der Erzählerbericht durch ein ganzes Werk oder wenigstens durch große Teile eines Werkes hindurch in einem Erzählverhalten fest verankert bleibt – entweder einem auktorialen oder einem personalen.
Die indirekte Rede/Gedankenwiedergabe ist ein Mittel auktorialen Erzählens. Der Erzähler schildert mit seinen Worten und oft in gekürzter Form, was die Figur sagt oder denkt. Diese Sprechweise zeichnet sich durch Verwendung des Konjunktivs und der dritten Person für den Sprechenden oder Denkenden aus.
Die erlebte Rede gibt innerhalb eines Erzählrahmens in der dritten Person psychische Vorgänge in einer Figur wieder. Diese Form der Rede besteht aus sowohl personalen Elementen als auch aus auktorialen. Der Inhalt, aber auch Elemente der Form stammen von der Figur. Sehr oft macht sich die Ausdrucksweise der Figur in dieser Sprechweise deutlich bemerkbar, sie wird also in der Regel nur zum Teil in die Erzählerrede integriert.
Die direkte Rede/Gedankenwiedergabe gehört zum Figurenbereich und ist daher ein Mittel personalen Erzählens. Der Erzähler erzählt hier nicht, was die Figur sagt oder denkt, sondern er begnügt sich damit, die Rede bzw. die Gedanken in die Erzählung einzuverleiben. Je auktorialer erzählt wird, desto deutlicher wird der Rahmen um die Rede markiert.
Der innere Monolog drückt die Innenwelt der Figur mit den Worten der Figur aus. Hier ist das Erzählverhalten also personal.
Typisch für personales Erzählverhalten bei der Personenrede ist das ”Ich-sagen” der Figuren und daß die Figuren direkt mit ihren eigenen Worten sprechen. Für die direkte Rede/Gedankenwiedergabe und den inneren Monolog gilt beides. Für die erlebte Rede, die ja eine Mischung aus personalen und auktorialen Elementen ist, gilt, daß die Sprache der einzelnen Figur meistens stark zum Ausdruck kommt.
Ausnahmsweise kann sich eine auktoriale Regie auch in der direkten Rede oder Gedankenwiedergabe und im inneren Monolog bemerkbar machen. Das Gesagte oder Gedachte muß zwar immer auf der Normalebene als personales Erzählen betrachtet werden; es kann aber vorkommen, daß ein bestimmter Satz oder eine bestimmte Folge von Sätzen eine zusätzliche Bedeutung auf der Makroebene bekommt, z.B. bei Vorausdeutungen oder Motivketten, die für die Figur nicht durchschaubar sind. Hier manifestiert sich die organisatorische Kapazität des auktorialen Erzählers. Oder anders ausgedrückt: Das Gesagte oder Gedachte hat eine bestimmte Rolle im Hier und Jetzt der Romanwelt und gleichzeitig eine andere Funktion, die zur Gliederung der Gesamtkomposition beiträgt.
Mein Modell würde in der schematischen Zusammenstellung, die ich in 3.8 benutze, folgendes Aussehen haben:
Erzählerkommentar: auktorial
Erzählerbericht: auktorial, personal
indirekte Rede/Gedankenwiedergabe: auktorial
erlebte Rede: personal/auktorial
direkte Rede/Gedankenwiedergabe: personal (auktorial)
innerer Monolog: personal (auktorial)
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Die Dissertation als pdf:
1 Abstract
2 Inhaltsverzeichnis
3 Vorwort
4 Einführung
5 Theoretischer Teil
6 Zweiter Teil
7 Empirischer Teil
8 Zusammenfassung
9 Literaturverzeichnis